Station 1 - Eisgasse 5 und 7: Gemeinde Hemmingen

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Station 1 - Eisgasse 5 und 7

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Etterhof mit Rest einer Ettermauer

Eisgasse 5 und 7

Gebäude Eisgasse 7

Das Areal mit den Gebäuden Eisgasse 5 und Eisgasse 7 und der riesigen Scheuer ist die einzige noch völlig erhaltene große Hofanlage in Hemmingen. Sie besteht aus zwei unterschiedlich großen und unterschiedlich alten Wohnhäusern. Der Etterhof fällt als ursprünglich einstöckiges Bauernhaus in die Kategorie des alamannischen Einhaus-Haustyps, dessen bekanntester Typ das alamannische Schwarzwaldhaus ist. Die Fachwerkskonstruktion im Bereich des Erdgeschosses ist überwiegend in Eiche aufgeführt. Höchstwahrscheinlich wurden Haus und Scheuer noch vordem  30-jährigen Krieg gebaut. Noch heute finden wir auf der Bühne dunkle, rauchgeschwärzte Pfetten und Sparren vor, deren Flößerzeichen auf das Ende des 16. Jahrhunderts hinweisen. Der weite Sparrenabstand zeigt, dass das Haus mit Schilf oder Stroh gedeckt war. Ursprünglich hatte das Haus noch keinen Kamin, der Rauch zog über die Stiege und durch Ritzen in den Getreideböden durch das Dach ab. Unter dem Dach hingen Würste, Fleisch und Speck, was  kalt geräuchert wurde. Im späten 19. Jahrhundert wurde der Wohnteil des Hauses vergrößert. Man baute im ersten Stock ein großes Zimmer ohne Dachschrägung aus. Dies ist von außen erkennbar an dem seitlich aufgesetzten Zwerchhaus. Das übrige ältere Dach blieb unangetastet. Die heutige Sichtfachwerk-Fassade entstand im gleichen Zeitraum. Innerhalb des Hauses sind die bis um ca. 1960 durchgeführten Aus-bzw. Umbaumaßnahmen weitgehend erhalten geblieben.

Die große Scheuer des Areals Eisgasse 5 und 7

Beeindruckend ist noch heute die sehr große und sehr hohe Scheuer. Auch hier gibt es Hinweise auf die Zeit vor dem 30-jährigen Krieg, nämlich die Verwendung von Innenstützen in der Scheuer und noch heute sichtbaren Details des Scheunentors, das sich unten in Angelsteinen dreht und oben an der mit Drehzapfen in den Wendebohlen eingeblatteten Aussteifung der Bretterschalung. Diese riesige Scheuer war notwendig, wurden doch hier nicht nur Heu, Oehmd und Stroh gelagert, sondern auch auf den verschiedenen Böden die bei uns in Hemmingen angebauten Getreidearten wie Roggen, Hafer, Gerste, Dinkel und später Weizen. Wir erkennen, dass es sich hier nicht um das Gütle eines kleinen Bauern handelt. Das Missverhältnis zwischen Scheuer und dem doch recht kleinen Stall legt die Vermutung nahe, dass dieser Hof deutliche Getreideüberschüsse zu produzieren hatte, waren doch die Getreidepreise des 17. Jahrhunderts und die der Folgezeit für Grundherren, die diese Überschüsse erwirtschafteten, sehr attraktiv.

Es ist aber auch denkbar, dass  in dieser großen Scheuer, neben der oben genannten Aufgabe, die Abgaben anderer Höfe der gleichen Grundherren eingelagert wurden.

Offensichtlich wurde diese Hofanlage im Rahmen der württembergischen Realteilung, bei der Buben und Mädchen in der Regel gleich viel erbten, mindestens einmal geteilt. Ein Hinweis darauf ist der zum Haus Eisgasse 5 gehörende kleinere Scheunenteil, der nachträglich angebaut wurde.

Die Gemeinde Hemmingen hat dieses bemerkenswerte Zeugnis bäuerlich Lebens bewahrt. 

Der Etter und die Ettermauer

Der ein Dorf umgebende Zaun wird als Etter bezeichnet. Er markiert die Grenze zwischen Wohnort und Feldflur . Was die steinerne Ringmauer in einer Stadt, das ist der Etter in einem Dorf. Innerhalb des Orts galt das Dorfrecht und außerhalb des  Etters das Landrecht. Auch heute noch gelten innerhalb eines Orts andere Vorschriften und Verordnungen als außerhalb. In Hemmingen ist sehr bemerkenswert, dass zumindest ein Teil des Etters sehr kostspielig in Stein gebaut wurde. Hinter einer Mauer ist man bekanntlich besser geschützt als hinter einem Zaun. Die Reste des gemauerten Etters befinden sich hinter den Gebäuden Eisgasse 5 und 7. Die Scheune des Museum im Etterhof schließt somit im Westen zur Fronstraße mit der Ettermauer ab.

Der Etterhof heute

Der Etterhof in Hemmingen gehört der Gemeinde Hemmingen und ist heute das Vereinsgebäude des Ortsgeschichtlichen Vereins, welcher 2002 gegründet wurde und die musealen Räume betreibt. Der Etterhof bietet darüber hinaus einen zentralen Treffpunkt im Ortskern von Hemmingen für die unterschiedlichsten Vereine. Die großzügige Scheune und die alte Hoffläche sind mit ihrem historischem Flair der ideale Ort für Veranstaltungen für alle Bürger in und um Hemmingen.

Die musealen Räume im Gebäude Nr.7 wurden nach einer grundlegenden Instandsetzung des Gebäudes am 11.05.2013 eingeweiht. Nach Instandsetzung der Scheunen wurden diese im September 2016 in das Ausstellungskonzept mit einbezogen. Hier wird das frühere einfache und bäuerliche Leben und Arbeiten in Hemmingen vermittelt. 2018 wurde der Etterhof durch ein Backhaus ergänzt.

Stolperstein Julie Feucht, Eisgasse 9

Direkt nördlich an Den Eterhof angrenzend erinnert vor dem Gebäude der Eisgasse 9 ein Stolpersten an das traurige Schicksal von Julie Feucht.

Es wird häufig angenommen, dass die rassistische und antisemitische NS-Ideologie ihre Grundlagen in den sogenannten „Nürnberger Gesetzen“ hat. Wenig bekannt ist, dass schon sehr früh mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“  vom 14. Juli 1934, novelliert am 26.06.1935 und am 04.02.1936, der konkret rassistische Weg eingeschlagen worden war. Zu sterilisieren waren Personen, deren „Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden“.  Diese „Erbschäden“ wurden durch eben dieses Gesetz definiert.  Am 1.September 1939 schreibt Hitler: „Reichsleiter Bouhler und Dr. med. Brandt sind unter Verantwortung beauftragt, die Befugnisse namentlich zu bestimmender Ärzte so zu erweitern, dass nach menschlichem Ermessen unheilbar Kranken bei kritischster Beurteilung ihres Krankheitszustands der Gnadentod gewährt werden kann“. Im ehemaligen württembergischen Jagdschloss Grafeneck bei Gomadingen hatte die Samariterstiftung nach 1929 ein Heim für Behinderte eingerichtet. Im Oktober 1939 wurde das Schloss Grafeneck von den Nazis beschlagnahmt und die dort lebenden Pfleglinge wurden in das Kloster Reute transferiert. Anschließend wurde bis zum Januar 1940 das Samariterstift Grafeneck zur Ermordungsanstalt Grafeneck umgebaut. Die württembergische Planungsgruppe der Ermordungsaktion T 4 arbeitete eng mit der Berliner „T 4-Diensstelle“ zusammen. Weitere Ermordungsanstalten gab es z.B. in Hadamar und Pirna. Die Ermordungsaktion T 4 dauerte von Januar 1940 bis Dezember 1940. In der als Dusche getarnten Gaskammer wurden innerhalb eines Jahres 9 839 Menschen ermordet und anschließend vor Ort verbrannt.

Julie Pauline Feucht, geboren am 10.07.1910 in Hemmingen, ursprünglich wohnhaft in der Eisgasse 9, war in die Heilanstalt von Mariaberg bei Gammertingen eingewiesen worden.

Von dort wurde sie am 13. Dezember 1940 nach Grafeneck „verlegt“ und noch am gleichen Tag im Rahmen der  T 4  Aktion ermordet.

Grafeneck wurde im Dezember 1940 geschlossen, hatten doch zunehmende Proteste von Seiten der Anstalten und der Kirche dazu geführt, dass diese Morde nicht geheim gehalten werden konnten.

Schon seit den 1950er Jahren erinnert die Gedenkstätte Grafeneck, die jährlich von Tausenden von Menschen besichtigt wird, an die Krankenmorde des Nationalsozialismus.

Auch Julius Schöttle, geb. 05.06.1904 in Hemmingen, wurde von der Heil- und Pflegeanstalt Stetten nach Grafeneck verbracht und dort 1940 ermordet.
Seine Eltern waren: Gottfried Schöttle aus Ebhausen und Anna Maria Walz
aus Hemmingen. Sein Vater war Müllergehilfe in Hemmingen.

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