Eine Reise durch die Zeit
Die Texte stammen vom Hemminger Ortshistoriker Walter Treiber und wurden den Büchern "Hemmingen Band 1, Das Dorf und seine Menschen in alten Aufnahmen" und "Hemmingen Band 2, Hemmingen in Bildern und Berichten", beide Bücher aus dem Geiger-Verlag, Horb am Neckar, entnommen.
Zeittafel
Frühzeit
Bodenfunde zeugen von der Besiedlung der Gemarkung (jungsteinzeitliche Siedlungsreste, Grabhügel der Hallstattzeit, römischer Gutshof, alamannische Gräberfelder)
- um 991 n. Chr.
Erste urkundliche Nennungen nach den Quellen des Klosters Weißenburg im Elsaß. Das Kloster verliert seinen Besitz in Hemmingen (Herrenhof, Kirche, Mühle, und 31 abhängige Höfe). - 1279
Herrenhof als Lehen des Klosters Bebenhausen genannt. - ab 14. Jhdt
Das Dorf ist in zwei Hälften geteilt. Der eine gehört unmittelbar zu Württemberg, der andere dem Ortsadel als württ. Lehen. - um 1330
Chor der Laurentiuskirche erstellt. Einzelne Teile der Kirche sind älter, später mehrfach Erweiterungen und Umbauten - 1350
Hemmingen gehört zur Vogtei (später Oberamt bzw. Kreis) Leonberg. - 1451
Der ortsadelige Teil geht von dem Geschlecht derer von Hemmingen an die Nippenburger über. - 1492
Das "Alte Schloß", ursprünglich ein Steinhaus und zusammen mit der Kirche von einem Wassergraben umgeben, wird renoviert. - 1535
Weinertrag von 150 Eimern (ca. 45 000 ltr.) verzeichnet. - 1542
Der "Neue Bau" wird erstellt (südwestlich des Schlosses mit Fachwerkgiebel). - 1559
Einführung der Reformation. - 1634
Im 30jährigen Krieg folgen nach der Nördlinger Schlacht Hunger, Pest und Zerstörung durch die Soldateska. - 1646
Nach dem Aussterben der Nippenburger fällt das Lehen an Württemberg zurück. - 1649
Johann Konrad Varnbüler erhält für seine Verdienste als württembergischer Vertreter bei den Friedenverhandlungen in Münster und Osnabrück von Herzog Eberhard III. das an Württemberg zurückgegangene Lehen: das Schloß und das halbe Dorf mit dazugehörigen Gütern und Nutzungen. - 1676
Hemmingen hat 363 Einwohner - 1693
Im Pfälzer Erbfolgekrieg erleidet der Ort Schäden in Höhe von 39.766 Gulden. - 1818
865 Einwohner bewirtschaften 2.826 Morgen Land - 1842
Errichtung des Rathaus - 1852 - 1854
Umbau und Erweiterung des Schlosses durch den Stuttgarter Baumeister Christian Friedrich Leins - 1906
Eröffnung der Strohgäubahn Korntal – Weissach - 1930
Das Dorf hat 1.008 Einwohner und 228 Bauernhöfe - 1944
11 Todesopfer und Gebäudeschäden durch Luftmine - 1949
Ansieldung von über 400 Heimatvertriebenen; in den folgenden Jahren werden neue Baugebiete erschlossen - 1958 - 1978
Aussiedlung von 26 Bauernhöfen - 1970 - 1980
Erschließung neuer Baugebiete: Die Zahl der Bevölkerung wächst von 3.025 auf 7.191, der Wohngebäude von 494 auf 920 - 1973
Bei der Kreisreform wird der Kreis Leonberg aufgelöst und Hemmingen in den Landkreis Ludwigsburg eingegliedert - 1984
Beginn der Ortskernsanierung I - 1985
Die Gemeindeverwaltung bezieht das renovierte Varnbüler’sche Schloss - 1987
Der Schlosspark steht der Öffentlichkeit nun zur Verfügung - 1991
Hemmingen feiert sein 1000 jähriges Jubiläum - 2006
Beginn der Ortskernsanierung II - 2013
Instandsetzung des Etterhofs und Einrichtung von Ausstellungsfläche - 2014
Spatenstich für das Neubaugebiet Hälde
Ein geschichtlicher Rundgang durch unsere Gemeinde
Die beiden frühalamannischen Gräberfelder "Ob dem Kirchhof" und "Gäßlesgraben" sind als Bestattungsplätze hier sesshaft gewordener Alamannen nachgewiesen. Eine in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts angelegte zugehörige Siedlung einer bäuerlichen Bevölkerung ist im Bereich des alten Ortskerns und des Gutsbezirks zu suchen, archäologische Zeugnisse liegen bislang nicht vor. Das Gräberfeld "Unter der Schauchert" barg Skelette und Grabbeigaben der in der gleichen Zeit entstandenen Siedlung einer gesellschaftlichen Oberschicht.
Diese vermögenden alamannischen Krieger hatten Fernbeziehungen zum Mittel- und Niederrhein, zum Donauraum bis Ungarn und Böhmen bzw. Mitteldeutschland. Schon die limeszeitliche Villa rustica, durch Funde von Mauerresten und Scherben ebenfalls in der Flur "Unter der Schauchert" belegt, verdankt ihre Entstehung der römischen Rhein-Donau-Straße, die 2,5 Kilometer nordöstlich vom Fundort vorbeiführt. Alle Ausgrabungsstücke sind im Württembergischen Landesmuseum, Stuttgart verwahrt.
In der Karolingerzeit ist der gesamte Ort mit Herrenhof, Kirche und den 31 dienenden Höfen im Besitz des Benediktinerklosters Weißenburg im Elsaß. Die Überlieferung über die sogenannte Beraubung des Klosters durch Herzog Otto I. von Schwaben in dessen Regierungszeit 973-982 als eine Art Reichsexekution durchgeführt, gilt als Zeitraum der ersten urkundlichen Erwähnung des Ortes Hemmingen. Otto war der Sohn von Luitpold von Schwaben, dieser wiederum, ältester Sohn von Kaiser Otto I. Der Unterteil des Turmes der hiesigen Laurentiuskirche als ältester Teil des jetzigen Baus stammt aus der Zeit um 1200 und bildete zusammen mit dem alten Schloß (Steinhaus) eine gemeinsame Befestigungsanlage als Wasserburg. Urkundlich erwähnt ist dann 1279 der Herrenhof als Fronhof, wo der Zehnte in einer Reihe von Rechtsgeschäften dem Kloster Bebenhausen zufällt. Um 1360 besaß Heinrich der Sölr von Ehningen als württembergisches Lehen einen Hof in Hemmingen. Etwa seit Ende des 14. Jahrhunderts (1381) finden wir Besitz derer von Massenbach im Ort, ebenfalls als Lehen Württembergs. Vom 14. Jahrhundert an ist das Dorf in zwei Hälften zerlegt, von denen eine dem Haus Württemberg, die andere dem hier ansässigen Ortsadel gehörte. Der württembergische Anteil war im 14. Jahrhundert zeitweise an Johann von Urbach verpfändet. Die Hälfte, die um 1350 noch dem Ortsadel gehörte, war um 1430 zwischen den Brüdern Hans und Undolf von Hemmingen geteilt. Hans verkaufte seinen Anteil 1438 endgültig an Hans von Nippenburg. Mit Undolf endet 1444 die Linie derer von Hemmingen. Das Lehen blieb dann bis zu deren Aussterben im Jahr 1646 im Besitz der Nippenburger und fiel damit an Württemberg. Die Kirche kommt um 1350 an die Ortsherrschaft; das Patronat wechselte seit dieser Zeit zwischen Württemberg und dem jeweiligen Adelsgeschlecht. Im Jahr 1550 wurde der Ort durch den Münchinger Pfarrer Wild reformiert; jedoch behielten die Nippenburger bis 1608 das Recht, ihre Kinder in der Kirche katholisch Taufen und Messen lesen zu lassen.
Für Besucher lohnt es sich, die Portalvorhalle der Kirche zu betrachten, deren Reiz darauf beruht, dass sie asymmetrisch ist. Die beiden Plastiken vor den Säulen stellen Petrus und Paulus dar; auf dem Gesims sind die vier Evangelisten mit ihren Symbolen dargestellt, auf der Kuppel dann der erhöhte Christus. Im Innern fällt der Chor durch die Bemalung des gotischen Gewölbes auf; die Ranken mit Blüten und paradiesischen Früchten stammen aus der Renaissance. Die Epitaphe betreffen die Geschlechter von Nippenburg und von Varnbüler. Das Kruzifix links vom Triumphbogen ist aus Stein gearbeitet.
Nach dem Aussterben des Hauses Nippenburg wiesen die 18 bisher nippenburgischen Untertanen in einer Eingabe an Herzog Eberhard III. auf die Nachteile der seitherigen Teilung hin. Durch einen Mannlehenbrief erhielt am 19. Mai 1649 der Geheime Regimentsrat Johann Konrad von Varnbüler das heimgefallene Lehen. Im Westfälischen Friedensgeschäft hatte er die vollkommene Wiederherstellung des Herzogtums Württemberg durchgesetzt.
Das Steinhaus, der älteste Teil des Schlosses, wurde nach der Inschrift 1492 restauriert. Der neue Bau (Kasten mit Fachwerkgiebel) entstand 1542 unter Ludwig von Nippenburg. Diese beiden Baukörper erhielten 1723 einen Verbindungsbau, dem 1738 eine Brücke zur Herrschaftsempore im Chor der Kirche beigefügt wurde. Das untere Schlösschen (Gartenschlösschen, Ostteil der heutigen Anlage) wurde 1709 errichtet, dessen nördlicher Seitenflügel 1817 angefügt.
Der Stuttgarter Baumeister Leins hat im Auftrag des späteren Leitenden Ministers Württembergs, Karl von Varnbüler, in den Jahren 1852-1856 das Schloss umgebaut und seine heutige Gestalt bewirkt, indem er das Gartenschlösschen und den Steinbau verband, Portal und Treppenaufgang anlegte. Dem Steinbau wurden im Norden zwei Türme und eine Loggia angefügt. Als Zeichen der Familie zieren den einen Helm und Streitkolben, den anderen ein Greif. Durch Angleichung bekam der Kirchturm seine Laterne und erhielt seine achteckige Form.
Südlich vom Ort finden wir einen Kaiserstein, der an eine Heerschau und den Besuch Kaiser Wilhelms I. 1885 im Schloß erinnert; in seinem Gefolge befanden sich der Kronprinz, Prinz Wilhelm (ab 1888 Kaiser Wilhelm II.) sowie die Grafen Moltke und Roon. Das heutige Wappen der Gemeinde leitet sich aus dem 1717 erwähnten Fleckenzeichen her, ursprünglich ein X, dann ein Rost als Sinnbild des Martyriums des heiligen Laurentius. Es wurde der Gemeinde 1935 amtlich zugeteilt, ausgeführt in blau-gold, den Farben des Hauses Varnbüler.
Durch die Jahrhunderte war Hemmingen landwirtschaftlich geprägt. Neben Weizen, Zuckerrüben und Kartoffeln wurden Roggen, Dinkel und Hülsenfrüchte angebaut. Der Weinbau war früher bedeutend, ging aber vor mehr als einem Jahrhundert ganz ab. Tafel- und Mostobst gab es genug und Kirschen im Rohrsperg. Vieh- und Pferdezucht blühte. Heute sind nahezu alle landwirtschaftlichen Betriebe an den Ortsrand und in die freie Feldmark ausgesiedelt. Seit 1905 besteht eine Station der Strohgäubahn, und im Jahr 1907 hat sich die Gemeinde der Strohgäu-Wasserversorgung angeschlossen. Mit einer zwischenzeitlichen Unterbrechung, aufgrund von Modernisierungsarbeiten, fährt die Strohgäubahn seit 2018 wieder vom Korntaler S-Bahnhof bis nach Ditzingen-Heimerdingen, mit Halt am historischen Bahnhof Hemmingen. Des Weiteren verbinden einige Buslinien Hemmingen mit den Nachbargemeinden, der Stadt Leonberg, der Stadt Ludwigsburg und der Landeshauptstadt Stuttgart.
Im Zuge der Kreisreform wurde der Kreis Leonberg zum 1.1.1973 aufgelöst und Hemmingen dem Landkreis Ludwigsburg zugeschlagen. Seit 1.1.1975 besteht als Ergebnis der Verwaltungsreform mit der Nachbargemeinde Schwieberdingen ein freiwilliger Gemeindeverwaltungsverband, der eine ganze Reihe wichtiger gemeinsamer Aufgaben erfüllt. Durch die sprunghafte Entwicklung in den zurückliegenden sechziger und siebziger Jahren erhielt der Ort seine unverwechselbare Skyline. Die Gewerbegebiete an der Schloßhaldenstraße sowie nördlich und südlich der Münchinger Straße haben bedeutende auswärtige Betriebe aufgenommen und einheimischen Entwicklungsmöglichkeiten gebracht.
Die große Grundschule, die Gemeinschaftshalle, die öffentliche Bücherei, der Jugendtreff, die großzügigen Sportanlagen mit Sporthalle am Westrand der Gemeinde und die auf dem Gemarkungsgebiet verteilten Kinderbetreuungseinrichtungen decken den diesbezüglichen Bedarf der über 8.135 Einwohner der Gemeinde.
Die Glemsaue in Schwieberdingen ist seit 1978 Standort der vormaligen Realschule und heutigen Gemeinschaftsschule "Glemstalschule" des Gemeindeverwaltungsverbandes der beiden Nachbarorte. Auf dem Friedhof erinnert das Gefallenen-Mahnmal an die Jahre der Bedrückung und die Fassade der Aussegnungshalle schwingt, einem Flügelschlag gleich, in den Horizont. Die Gemeinde ist im Oktober 1985 in die renovierten und restaurierten Räume des angemieteten Varnbülerschen Schlosses eingezogen und hat im Sommer 1987 den herrlichen spätenglischen Schloßparks der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Erneuerung des alten und historischen Ortskerns begann 1984 mit dem Programm Ortskernsanierung I. Ausgehend vom Schulplatz erfolgte die Renovierung des historischen Baubestandes von den einzelnen Fachwerkhäusern bis hin zum Varnbülerschen Schloss. Im Zuge der Sanierung erfolgte auch die Anlage von Grünflächen und Plätzen.
Die sogenannte historische Stube mit Schloßgebäuden, Schloßpark, Laurentiuskirche mit evangelischem Gemeindezentrum, Altem Rathaus, dem als Ortsbücherei dienenden stattlichen Fachwerkhaus an der Hauptstraße und dem gegenüberliegenden renovierten ehemaligen landwirtschaftlichen Wohnhaus mit denkmalgeschütztem wertvollen Ostgiebel und der Platz vor dem ehemaligen Schulhaus schafft einen wohltuenden Ausgleich zu der ebenso modernen wie markanten Wohnanlage des Wohnparkes Schloßgut. Ab 2006 folgte die Ortkernsanierung II in deren Verlauf der weitere historische Baubestand renoviert wurde, unter anderem die Eisgasse 5 und 7 mit dem aus dem 17. Jahrhundert stammenden Etterhof. Benannt ist er nach der hinter dem Gebäude befindlichen Ettermauer, die einst die Grenze zwischen Dorf und Land anzeigte. 2013 wurde der Etterhof nach einer grundlegenden Instandsetzung zum kollektiven historischen Gedächtnis Hemmingens, mit wechselnden Ausstellungen historischer Exponate mit häufig lokalem Bezug.
Im Zuge des ersten Ortserneuerungsprogramms siedelten sich noch weitere Dienstleistungsbetriebe im Ortskern an. Das Gewerbegebiet nördlich der Münchinger Straße und den Wohngebieten im Schöckinger Pfädle, sowie die Siedlung südlich der Falkenstraße waren prägende Projekte dieser Phase der baulichen Enwicklung Hemmingens. 1991 feierte die Gemeinde mit zahlreichen Veranstaltungen und einem großen historischen Festumzug ihre erste urkundliche Erwähnung vor 1000 Jahren. Ein Jahr später wurde das Kleeblatthaus in Hemmingen mit 25 Pflegeplätzen und 22 betreuten Altenwohnungen einschließlich einer Tiefgarage eingeweiht und zum selben Zeitpunkt ein ständiger Wochenmarkt eröffnet.
Die jüngste Phase der baulichen Entwicklung Hemmingens fällt in die Zeit der Ortskernsanierung II (2006-2016). Prägende bauliche Aktivitäten dieser Phase sind die Ausweisung des Neubaugebietes Hälde und einzelne kommunale Neubauprojekte. So wurde im Jahr 2013 das Ärztehaus neben der Wohnanlage Schloßgut und ein Jahr später auf dem Grundschulareal das Kinder und Familienzentrum eröffnet. 2018 zog die Freiwillige Feuerwehr Hemmingen in ihr neues Gerätehaus in der Konrad-Haller Straße. Im selben Jahr eröffnete die Kindertagesstätte Hälde. Mit dem Neubaugebiet Hälde im Jahr 2014 stieg die Einwohnerzahl um ca. 630 Einwohner auf mittlerweile 8135 Einwohner. Heute verfügt Hemmingen über ein reichhaltiges kulturelles Angebot, dessen Stützen die zahlreichen aktiven Vereine, die Gemeinde und die engagierte Bürgerinnen und Bürger sind.
Hemmingen kann auf eine lange und ereignisreiche Geschichte zurückblicken, deren steinerne Zeugnisse die Jahrhunderte überdauert haben.
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